AGB oder Vertrag? Gibt es da einen Unterschied? Juristisch unterscheidet man nicht zwischen „Vertrag“ und „Allgemeine Geschäftsbedingungen“, Allenfalls zwischen „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ und „Individualklausel“.

Wie man einen Text nennt, spielt so gut wie keine Rolle und kann allenfalls ein schwaches Indiz sein. Das wussten schon die alten Römer, bei denen es damals hieß „falsa demonstratio non nocet“ – eine Falschbezeichnung schadet nicht.

Beispiel:

Auch wenn Sie ein Dokument „Mickey Mouse“ nennen, kann es ein Mietvertrag sein. Wenn Sie ein Dokument Dienstvertrag nennen, kann es ein Werkvertrag sein. Und auch wenn man einen Freien Mitarbeiter als „frei“ bezeichnet, kann er dennoch sozialversicherungspflichtig beschäftigt, also scheinselbständig sein.

Von Allgemeinen Geschäftsbedingungen spricht man, wenn eine oder mehrere Klauseln

  • mehrfach verwendet werden, oder
  • mehrfach verwendet werden sollen.

Beispiel:

„Keine Haftung für die Garderobe“: Der Hinweis soll gegenüber allen Besuchern gelten, also soll er mehrfach verwendet werden, somit ist dieser Satz eine Allgemeine Geschäftsbedingung.

Auch ein „Mietvertrag“, in den die individuellen Daten eingetragen werden und den beide Vertragspartner unterschreiben, ist typischerweise AGB: Nämlich dann, wenn der Vermieter diesen Vertrag nicht nur einmal verwendet, sondern gegenüber allen Mietern.

Das Besondere an AGB: AGB-Klauseln sind nur wirksam, wenn sie die sehr strengen Anforderungen der §§ 305-310 BGB erfüllen. Kleine Formulierungsfehler können also schnell zu Unwirksamkeit führen.

Und: Die Klausel bleibt auch dann unwirksam, wenn der andere Vertragspartner unterschreibt: Denn eine Unterschrift macht eine unwirksame Klausel nicht wirksam.

Schweigen ist Gold, Reden ist…

Das bedeutet, dass diese strengen Wirksamkeitsvoraussetzungen denjenigen in Schutz nehmen, der die AGB vorgelegt bekommt und unterschreiben soll. Er kann sich jederzeit auf die Unwirksamkeit der Klausel berufen (wenn sie denn unwirksam ist).

Das funktioniert aber nur so lange, bis man versucht, über die Klausel zu verhandeln: Denn dann kann aus einer AGB-Klausel (mit dem hohen Schutz für den anderen) eine Individualklausel werden. Und dann kann man sich nicht mehr darauf berufen, sie sei unwirksam.

Beispiel:

Der Mieter liest sich den vorgelegten Mietvertrag durch und empfindet die Höhere Gewalt-Klausel als hochgradig unfair, weil er danach 100 % der vereinbarten Miete auch dann bezahlen soll, wenn Höhere Gewalt die Vertragsdurchführung unmöglich macht. Der Mieter verhandelt mit dem Vermieter so lange, bis dieser von den 100 % auf 65 % heruntergeht.

Stellt sich jetzt im Nachhinein heraus, dass auch die 65 % unwirksam sind, kann sich der Mieter aber vermutlich nicht mehr darauf berufen: Denn mit hoher Wahrscheinlichkeit ist durch das Verhandeln aus einer AGB-Klausel eine Individualklausel geworden.