Dass ein Schaden entsteht, kann passieren. Was aber tun, wenn es soweit ist? Was muss insbesondere der Geschädigte tun – also derjenige, der einen Schaden erlitten hat?
Zunächst einmal ganz einfach: Er darf nicht einfach zuschauen, wie der Schaden immer größer wird. Noch viel mehr: Er muss sogar versuchen, den Schaden so gering wie möglich zu halten.
Das ist die sogenannte Schadensminderungspflicht, Regelungen finden sich dazu in § 254 BGB:
- Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
- Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er es unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er es unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern.
Was bedeutet das?
Ein Beispiel: Der Besucher betritt die Veranstaltungsstätte. Weil er dauernd mit seinem Handy spielt, stolpert er über ein Kabel, das in einem beleuchteten Bereich verlegt, gegen das Stolpern aber nicht sonderlich gut abgesichert wurde. Der Besucher verletzt sich, außerdem ist sein Handy kaputt.
Für den Besucher besonders dramatisch: Das beschädigte Handy…
Der Besucher hat nun Ansprüche gegen:
- den Veranstalter, denn das ist sein Vertragspartner. Er hat Ansprüche aus dem vertraglichen Schuldverhältnis, da ein Vertrag immer auch sagt: “Verletze deinen Vertragspartner nicht!” → 280 BGB.
- denjenigen, der das Kabel nicht ordnungsgemäß verlegt hat. Nehmen wir dazu einmal an, das war ein Techniker. Hier hat der geschädigte Besucher einen Anspruch aus dem sog. gesetzlichen Schuldverhältnis. Auch das Gesetz sagt nämlich: “Verletze niemanden!” → 823 BGB (die sog. “unerlaubte Handlung”).
In beiden Fällen kann der geschädigte Besucher Schadenersatz fordern, nämlich Schadenersatz und Schmerzensgeld.
Erforderlich ist dafür allerdings, dass
- der Verantwortliche (z.B. Veranstalter und Techniker) eine Pflicht verletzt hat (sei es vertraglich, sei es gesetzlich),
- der Verantwortliche entweder fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat,
- die Handlung oder das Unterlassen des Verantwortlichen “kausal”, also ursächlich für den Schaden ist, und
- dass der Besucher tatsächlich einen monetarisierbaren Schaden hat.
Wir unterstellen einmal, dass diese Voraussetzungen in unserem Ausgangsbeispiel erfüllt wären.
Damit hat dann also der Besucher einen Schadenersatzanspruch einmal gegen den Veranstalter und einmal gegen den Techniker. In der Summe kann er natürlich nur einmal den Schaden ersetzt verlangen; er kann sich aber aussuchen, von wem und ggf. welche Quote.
Aber: Schadenminderungspflicht!
Fraglich ist aber hier, ob man nicht auch dem Besucher einen Vorwurf machen kann, nämlich, dass er nicht aufgepasst hat. Natürlich darf man nicht blind durch die Landschaft laufen. Wenn alle anderen Besucher problemlos über das Kabel gekommen sind, dann stellt sich die Frage des Mitverschulden: Hätte der Besucher den Schaden unschwer verhindern können?
Bejaht man diese Frage, dann reduziert sich der Schadenersatzanspruch – je nach Intensität des Mitverschulden kann das dann zwischen 1% und 100% liegen, d.h.: Je mehr man dem Besucher einen Vorwurf machen kann, und je geringer das Verschulden der Verantwortlichen, desto weniger Schadenersatz bekommt der verletzte Besucher.
Das heißt:
- Entsteht ein Schaden, muss man als Geschädigter ihn so gering wie möglich halten. Man muss bspw. Hilfe dazu holen oder selbst Hand anlegen und helfen, soweit das einem zumutbar ist.
- Seinen Vertragspartner und den potentiellen Schädiger muss ich ggf. darauf aufmerksam machen, dass ein Schaden entstehen könnte: Nämlich dann, wenn ich selbst erkenne, dass der Schaden bevorsteht, aber auch erkenne, dass der hierfür Verantwortliche das nicht erkennt.
- Ich muss ggf. Hilfe organisieren, und die Kosten dafür vorstrecken, wenn damit der Schaden im Verhältnis einfach klein gehalten werden kann.
Wer also zwar geschädigt wurde, aber nicht aufpasst, kann seinen Schadenersatzanspruch verlieren!
In besonderen Fällen sieht das Gesetz ausdrücklich eine solche Schadenminderungspflicht vor:
Besonderheit bei Versicherungen
Der Versicherungsnehmer hat bei Eintritt eines Versicherungsfalles nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen (siehe § 82 Absatz 1 VVG = Versicherungsvertragsgesetz). Dabei muss der Versicherungsnehmer…
- Weisungen des Versicherers soweit zumutbar befolgen, und
- Weisungen einholen, wenn die Umstände dies gestatten (z.B. wenn er Zeit dazu hat).
Besonderheit im Mietrecht
Erkennt der Mieter einen Mangel, muss er den Vermieter informieren (sog. Mängelanzeige), damit der Vermieter die Möglichkeit erhält, den Mangel zu beseitigen. Unterlässt der Mieter die Mängelanzeige, kann er später aufgrund des Mangels die Miete nicht mindern oder Schadenersatz fordern (siehe § 536 c BGB).
Tipp: Machen Sie die Mängelanzeige schriftlich (per Fax, Mail, SMS usw.) bzw. unter Zeugen, so dass Sie später beweisen können, dass Sie (1.) überhaupt und (2.) rechtzeitig den Mangel angezeigt haben.
Besonderheit im Werkvertrag
Derjenige, der als “Besteller” eine Arbeit in Auftrag gibt und erkennt, dass der Auftrag nicht ausreichend erfolgreich durchgeführt wurde, muss den Auftragnehmer grundsätzlich dazu auffordern, den Mangel zu beseitigen (= den Erfolg herbeizuführen); erst dann, wenn der Auftragnehmer das verweigert (oder die Zeit drängt), darf der Auftraggeber den Mangel selbst beseitigen und hierfür die Kosten erstattet verlangen (sog. Ersatzvornahme, § 637 BGB).
Tipp: Drohen Sie ausdrücklich die Ersatzvornahme an = “Wenn nicht …, dann…”, also bspw.: “Wenn Sie das nicht bis heute um 15 Uhr erledigen, dann mache ich das selbst”.
Tipp-Tipp: Drohen Sie nicht mit einer Strafanzeige, denn das wäre Nötigung…! Sie dürfen aber mit der Ersatzvornahme “drohen”.