Das Bundesarbeitsgericht hat Ende Mai darüber entschieden, inwieweit Abweichungen vom Gleichstellungsgrundsatz zwischen Leiharbeitnehmern einerseits, und Stammarbeitnehmern im Entleihbetrieb andererseits zulässig sind.

Dieser Grundsatz besagt, dass ein Leiharbeitnehmer genauso viel verdienen muss wie entsprechende Stammarbeitnehmer, die im Betrieb arbeiten, in dem auch der Leiharbeitnehmer vorübergehend tätig ist. Hiervon gibt es aber eine wichtige Ausnahme, nämlich dann, wenn ein Tarifvertrag aus der Zeitarbeitsbranche anwendbar ist, der ausreichend “Gesamtschutz” für die Leiharbeitnehmer sichert. Und das ist nach Auffassung des Bundesarbeitsgericht beim Tarifvertrag der Berufsverbände iGZ und BAP gegeben: Zwar bekomme ein Leiharbeitnehmer im Anwendungsbereich des Tarifvertrages weniger Geld, aber dafür bekommt er auch Geld, wenn er nicht verliehen wird. Es gebe auch ausreichend Schutz für die Leiharbeitnehmer vor einer Umgehung solcher Regelungen durch die Arbeitgeber.

Der Leiharbeitnehmer sei also ausreichend kompensiert durch andere Maßnahmen, so dass ausnahmsweise im Anwendungsbereich dieser Tarifverträge vom Equal-Pay-Grundsatz abgewichen werden darf, so das Bundesarbeitsgericht.

Hintergrund:

Die Arbeitnehmerüberlassung kommt beispielsweise dann vor, wenn ein Auftraggeber einem Auftragnehmer kein Gewerk beauftragt (Beispiel: Erbaue  eine Bühne), sondern Personal mit dem Ziel bestellt, dass er selbst vor Ort das Personal so einsetzen kann, wie er es braucht.

Der Leiharbeitnehmer wird also vorübergehend wie ein Arbeitnehmer des Auftraggebers behandelt. Die Abgrenzung zwischen einer Arbeitnehmerüberlassung und einem Dienstvertrag bzw. Werkvertrag ist häufig schwierig.

Sie kennen das auch von der Scheinselbstständigkeit: Bei der Scheinselbstständigkeit ist ein freier Mitarbeiter gar nicht selbstständig, sondern nur zum Schein – er ist also in Wahrheit angestellt.

Bei der Arbeitnehmerüberlassung ist die Situation vergleichbar, wobei allerdings der Leiharbeitnehmer bei dem Verleiher bereits fest angestellt ist und eben temporär an den Entleiher überlassen wird. Die Kriterien für eine Abgrenzung zum Werkvertrag sind aber vergleichbar mit den Kriterien bei der Scheinselbstständigkeit.

Die Arbeitnehmerüberlassung gehört zum Arbeitsschutz: Da der Leiharbeitnehmer nicht in seinem gewöhnlichen Betrieb arbeitet, sondern eben in einem fremden Betrieb, muss er dort ausreichend geschützt werden. Es gibt gewisse formelle Anforderungen, u.a. muss der Überlassungsvertrag in Schriftform geschlossen werden und der Verleiher benötigt eine Erlaubnis der Arbeitsagentur. Fehler oder ein Scheinwerkvertrag, der in Wahrheit eine Arbeitsüberlassung ist, können empfindliche Folgen mit sich führen.

Teil des Arbeitsschutzes ist auch das Gehalt. Würde es den Gleichstellungsgrundsatz zwischen Leiharbeitnehmern und Stamm-Mitarbeitern nicht geben, wäre es für Arbeitgeber ein leichtes, Personal zu entlassen und billiger über eine Leiharbeitsfirma wieder zu beschäftigen. Daher sollen Leiharbeitnehmer genauso viel verdienen wie diejenigen Arbeitnehmer, die beim Entleiher arbeiten. Trotzdem behält der Entleiher den Vorteil, mit wenig Verwaltungsaufwand kurzzeitig Personal beschäftigen zu können. Übrigens: Gibt es beim Auftraggeber bzw. Entleiher keine an vergleichbaren Stammmitarbeiter, so muss geschätzt werden, was ein Mitarbeiter beim Entleiher verdienen würde, wenn er dort einen festen Arbeitsplatz hätte.

Diejenigen, der Arbeitnehmerüberlassung zu tun haben, wissen, dass leider der Verwaltungsaufwand oftmals nicht im Verhältnis für eine nur wenige Stunden oder Tage dauernde Überlassung steht. Der Gesetzgeber geht nämlich beim AÜG grundsätzlich davon aus, dass eine Überlassung über einen längeren Zeitraum stattfindet.