Eine GmbH, eine KG, eine AG. Die Kapitalgesellschaften haben die Eigenschaft, dass sie selbst Haftungsobjekt sein können. Die Gesellschaft selbst kann also klagen und verklagt werden. Die Gesellschaft muss einen entstandenen Schaden ersetzen, wenn einer der Mitarbeiter der Gesellschaft diesen in Ausübung seiner Tätigkeit verursacht hat.

Viele Geschäftsführer oder Mitglieder der Geschäftsleitung fühlen sich demgemäß auf der sicheren Seite. Doch weit gefehlt. Öfter, als man denkt´, haftet auch der Geschäftsführer – in der Regel gemeinsam mit der Gesellschaft – auch persönlich mit seinem Privatvermögen.

Gerichte entwickeln Durchgriffshaftung

Die Gerichte haben dabei verschiedene Fallkonstellationen entwickelt, bei denen eine persönliche Haftung der Geschäftsführung eintritt.

Demnach können folgende Ursachen eine Durchgriffshaftung zur Folge haben:

  • Vermögensvermischung: Zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen der Gesellschafter kann nicht unterschieden werden, z.B. durch undurchsichtige Buchhaltung
  • Verschiebung von Gesellschaftsvermögen in das Privatvermögen oder zu Konzerngesellschaften
  • Sphärenvermischung: Die Rechtssubjekte sind nach außen nicht ausreichend deutlich voneinander trennbar und eine Vermögensvermischung ist die Folge, z.B. keine Abgrenzung zwischen Gesellschaftssphäre und Privatsphäre der Gesellschafter möglich
  • Rechtsformmissbrauch: Die Rechtsform wird missbraucht oder in Widerspruch der Rechtsordnung eingesetzt und dadurch das Trennungsprinzip aufgehoben
  • Materielle Unterkapitalisierung: Der erforderliche Kapitalbedarf der Gesellschaft kann nicht gedeckt werden, weder durch Gesellschafterdarlehen noch durch Fremdkapital
  • Organisationsverschulden als Haftungsgrund

Daneben kann eine persönliche Haftung auch im Falle des Organisationsverschuldens eintreten. Die Geschäftsführung haftet dann, weil sie nicht dafür gesorgt hat das Unternehmen richtig zu organisieren. Es wurde also auf Strukturen, Anweisungen, Richtlinien, Schulungen, Kontrollen o.ä. verzichtet, obwohl das zum ordentlichen geschäftslauf gehört hätte.

Daher haftet die Geschäftsleitung bspw. oft dann mit, wenn es zu Wettbewerbsverstößen kam, also bspw. unlautere geschäftliche Handlungen vorgenommen wurden.

Schon Erleichterung von Fehlhandlungen genügt

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat mit Urteil vom 20.03.2022 (Az. 12 U 1520/19) jetzt noch einen draufgesetzt: Die persönliche Haftung soll demnach schon dann greifen, „wenn durch unzureichende Organisation, Anleitung bzw. Kontrolle Mitarbeitern der Gesellschaft Straftaten oder sonstige Fehlhandlungen ermöglicht oder auch nur erleichtert werden.“

Dabei ging es in dem Urteil um eine Haftung der Geschäftsführung direkt gegenüber der Gesellschaft. Denn auch das gibt es: Der Geschäftsführer darf der eigenen Gesellschaft nicht schuldhaft einen Schaden zufügen.

Im Falle des Organisationsverschuldens liegt das aber dann vor, wenn die Gesellschaft einem Dritten gegenüber wegen unzureichender Maßnahmen haftet und ihr dadurch ein Schaden entsteht. Den Schaden kann sich die Gesellschaft von der Geschäftsleitung „zurück“ holen.

Fazit

Die Geschäftsführung muss „ihren Laden im Griff haben“. Dazu gehrt bspw. ein funktionierendes Compliance-Management-System einzurichten. Damit sind organisatorische Vorkehrungen zu treffen, die die Begehung von Rechtsverstößen durch die Gesellschaft oder deren Mitarbeiter verhindern.

Das Gleiche gilt dann auch für die Einrichtung eines Datenschutz-Management-Systems, was die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verlangt. Gibt es keines oder ist es unzureichend organisiert greift auch wieder die persönliche Haftung der Geschäftsführung.

Und das kann so richtig teuer werden. Man denke nur an eine Datenpanne, bei der tausende Daten in falsche Hände geraten. Vom Imageschaden einmal abgesehen: Jeder Betroffene hat nach Art. 82 DSGVO einen Schadenersatzanspruch gegen das Unternehmen. Und eben ggf. auch gegen die Geschäftsleitung direkt.