Ein Veranstalter mietet ein großes Festzelt und lässt es durch den Vermieter aufbauen. Der Veranstalter installiert dann selbst noch die Rettungswegzeichen, die komplette Beleuchtung, eine große Bühne und einen das ganze Zelt in Anspruch nehmenden Traversensystem, Gastronomie usw. im Zelt. Der Veranstalter stellt sich nun die Frage, ob er (auch) Betreiber ist.
Bei einem Festzelt handelt um einen so genannten Fliegenden Bau. Nur, wenn von vornherein feststehen würde, dass das Zelt mehr als sechs Monate an diesem Standort stehen sollte, wäre es kein Fliegender Bau, sondern eine Versammlungsstätte.
Die Unterscheidung ist wichtig: Die Versammlungsstättenverordnung (bzw. Sonderbauordnung in NRW bzw. Betriebsordnung in Berlin) schließt die Anwendbarkeit der Verordnung auf Fliegende Bauten nämlich ausdrücklich aus (siehe § 1 Abs. 3 Nr. 4 MVStättVO). Warum? Weil es eine Richtlinie für Fliegende Bauten gibt, die spezielle Regelungen enthält.
Auch bei Fliegenden Bauten gibt es einen Betreiber, das kann der Zelteigentümer sein. Unser Veranstalter, der das Zelt nur mietet, fragt sich nun, ob er die Vorschriften, die sich speziell an den Betreiber richten, beachten müsse.
Das „Problem“: Der Zeltvermieter hat das Zelt aufgestellt und ist „gegangen“, d.h. er ist insbesondere nicht mehr vor Ort.
Zunächst sei gesagt, dass die Frage aus rein rechtlicher Sicht nicht ohne Weiteres eindeutig beantwortet werden kann, zumal es hierzu keine höchstrichterlichen Entscheidungen gibt (zumindest nach meinem Kenntnisstand)
Allerdings gibt es drei schlagkräftige Argumente:
- Den Veranstalter treffen ohnehin die Verkehrssicherungspflichten. Hiernach muss er das Erforderliche und Zumutbare tun, um Schäden zu verhindern. Was ist erforderlich und zumutbar? In unserem Fall wäre es erforderlich und zumutbar, dass sich der Veranstalter an die Vorschriften aus der Richtlinie für Fliegende Bauten hält. Dies gilt umso mehr, wenn der Zeltvermieter seine Aufgaben offensichtlich nicht sonderlich ernst bzw. wahr nimmt und die Rechtslage nicht eindeutig ist.
- Der Veranstalter erstellt bauliche Anlagen in dem Zelt, die ihrerseits Fliegende Bauten sind bzw. sein können. Er wäre also zumindest diesbezüglich Betreiber im Sinne der Richtlinie. Da insbesondere der Ground Support das gesamte Zelt „ausfüllt“, entspricht die Stellung des Veranstalters durchaus auch der Stellung des Betreibers, jedenfalls in räumlicher Sicht.
- Der Veranstalter baut selbständig das Licht und die Sicherheitsbeleuchtung ein usw. Durch die Übernahme dieser eigentlich (auch) einem Betreiber vorbehaltenen Aufgaben übernimmt der Veranstalter aber jedenfalls die dem Betreiber obliegenden Verkehrssicherungspflichten.
Alle drei Argumente führen dazu, dass sich der Veranstalter an die Richtlinie zu halten hat.
Zugegeben ist damit die Frage, ob er denn nun auch tatsächlich Betreiber ist, noch gar nicht beantwortet. Aus rechtlicher Sicht spielt das aber auch keine Rolle mehr, da der Veranstalter ja jetzt zumindest nichts mehr falsch macht: Sollte im Streitfall ein Gericht entscheiden, dass der Veranstalter auch Betreiber war, dann hat er sich ja an die Richtlinie gehalten. Sollte sich herausstellen, dass er kein Betreiber war, dann hat der Veranstalter halt „zu viel“ Sicherheit geboten (es gibt wahrlich Schlimmeres…).
Außerdem könnte auch noch folgendes Argument greifen:
Wenn der Eigentümer eines Zeltes (vgl. … Halle) das Zelt nackt und leer zur Verfügung stellt, und der Veranstalter das Zelt (… die Halle) eigenverantwortlich aus- und umbaut und das Ensemble ausschließlich für sich nutzt, dann könnte auch der Veranstalter als baurechtlicher Betreiber angesehen werden. Diese (schwierige) Rechtsfrage brauchen wir hier nicht klären (puuh…), da es schon genügend andere Argumente gibt, dass sich der Veranstalter an die Richtlinie hält uns zumindest so tut, als wäre er der Betreiber.