Der Beitrag von Rechtsanwalt Thomas Waetke wurde im EventPartner Heft 4/2008 veröffentlicht.

 

Wer ist Veranstalter?

Stellen Sie sich vor, dass ein Besucher ein Plakat sieht und darauf hin die beworbene Veranstaltung besucht. Auf der Veranstaltung wird er dann durch ein umfallendes Stativ verletzt, das nicht ordnungsgemäß gesichert war. Der Besucher will nun Schadenersatz und Schmerzensgeld. Wie geht er nun vor?

Zunächst muss er den Verantwortlichen finden. Aber wer ist der Verantwortliche? Verantwortlich können sein der Täter (also der, der handelt) und der Vertragspartner. Der Besucher hat mit dem Veranstalter einen Vertrag geschlossen. Im Eingangsbeispiel kann der vom umfallenden Stativ verletzte Besucher einen Anspruch gegen den Täter (der, der das Stativ nicht gesichert hat) und gegen den Veranstalter haben. Woher weiß er aber, wer der Veranstalter ist?

Es gibt keine gesetzliche Definition des „Veranstalters“. Im Regelfall wird man aber denjenigen als Veranstalter ansehen, der das finanzielle Risiko der Veranstaltung trägt, der die wirtschaftliche Verantwortung hat und der eine Veranstaltung auf eigene Rechnung durchführt.

 

Die Frage „Wer ist der Veranstalter“ kann man auf zwei Wegen beantworten:

 

1. Weg: Man orientiert sich an Tatsachen. Also: Wer steht als Veranstalter auf dem Plakat? Wer hat sich bei der Behörde als Veranstalter ausgegeben? Wer bezahlt die Steuern? Wer geriert sich gegenüber dem Besucher als sein Vertragspartner (also als Veranstalter)?

2. Weg: Man schaut, wer sich als Veranstalter ausgibt oder wer wie ein Veranstalter aussieht. Also: Wer trägt die Verantwortung? Wer hat die letztliche Entscheidungsbefugnis? Wer gibt vor, Veranstalter zu sein (z.B. in selbst verbreiteten Pressemitteilungen)? Wen hält der Besucher für den Veranstalter? Mit wem hat er aus seiner Sicht einen Vertrag geschlossen?

Meistens stellt sich die Frage nach dem Veranstalter, wenn es Streit gibt zwischen den Beteiligten, wobei normalerweise einer davon eben der Veranstalter ist. Das kann der verletzte Besucher sein, das kann das Finanzamt auf der Suche nach Steuerzahlungen sein, dass kann ein Zulieferer sein oder die GEMA, die vom Musikverwerter die Lizenzgebühren bezahlt haben möchte.

Als Veranstalter kann also auchangesehen werden, wer sich gegenüber Dritten als Veranstalter ausgibt. Das kann bspw. passieren durch eine ungeschickte Präsentation auf dem Werbeplakat, durch mündliche und/oder schriftliche Äußerungen.

Unterschätzen Sie nicht die Frage, wer Veranstalter einer Veranstaltung ist. Schauen Sie sich doch mal bewusst Plakate in der Stadt an: Können Sie bei den Plakaten oder auf einer Veranstaltung auf Anhieb sagen, wer eigentlich Veranstalter, sprich, wer Vertragspartner des Besuchers ist?

Wer muss die Haftung übernehmen?

Jeder ist in den gesetzlichen Grenzen für sein Tun oder Unterlassen und auch für das seiner Mitarbeiter verantwortlich. Wann man für seine Mitarbeiter und für deren Fehler gerade stehen muss, stellen wir in einer weiteren Kolumne dar.

Eine Ausnahme besteht bei Kindern und Jugendlichen: Kinder unter 7 Jahren haften überhaupt nicht, § 828 Absatz 1 BGB. Wer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist für den Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat, § 828 Abs. 3 BGB.

(1.) Haften kann man zum Einen aus einemVertrag. Ein Beispiel: Sie versprechen dem Künstler im Vertrag eine geheizte Garderobe. Die Heizung haben Sie dann aber vergessen; der Künstler friert und mietet sich im nahegelegenen Hotel ein beheiztes Zimmer zum Umkleiden. Der Künstler hat nun einen Anspruch gegen Sie auf Erstattung bzw. Zahlung der Hotelkosten. 

(2.) Haften kann man zum Anderen aber auch aus einem so genannten Vorvertrag. Auch hier ein Beispiel: Sie versprechen während den Vertragsverhandlungen (also noch vor dem eigentlichen Vertragsschluss), dass Sie aufgrund Ihrer jahrelangen Erfahrung im Show-Biz alles können, auch die Position des Sicherheitskoordinators zu übernehmen; daher könnten Sie auch die Kosten so schön niedrig halten. Aufgrund dieses Versprechens schließt der Kunde mit Ihnen den Vertrag. Später stellt sich heraus, dass Sie gerade die Ausbildung beendet haben und gar nicht wissen, was überhaupt ein Sicherheitskoordinator ist. Ein Sicherheitskoordinator muss  nun sehr kurzfristig für viel Geld eingekauft werden. Ihr Vertragspartner hätte so den Vertrag mit Ihnen nie geschlossen. Der Vertragspartner hat nun einen Anspruch auf Zahlung dieses Schadens bzw. auf Rückabwicklung des Vertrages gegen Sie (§ 311 BGB). 

(3.) Haften kann man aber auch aufgrund einer anderen gesetzlichen Grundlage, z.B. der „unerlaubten Handlung“ (= Delikt). Als Beispiel: Sie fahren dem Künstler, der gerade auf die Bühne möchte, mit einem Gabelstapler über den Fuß. Sie müssen dem Künstler daher Schadenersatz (neue Schuhe, Krankenhauskosten) und Schmerzensgeld zahlen (§ 823 BGB). Das Deliktsrecht nennt man „unerlaubte Handlung“, da im konkreten Beispiel es Ihnen nicht erlaubt ist, dem Künstler über den Fuß zu fahren und ihn damit zu verletzen. 

Die eben genannten drei Beispiele entsprechen der zivilrechtlichen Haftung (zivilrechtlich bedeutet, dass ein Bürger/Unternehmen mit einem anderen zu tun hat).

Daneben kann es auch oftmals eine strafrechtliche Haftung geben: im Strafrecht hat der Staat bestimmte Regeln aufgestellt; wer dagegen verstößt, macht sich strafbar. Dann schaltet sich die Staatsanwaltschaft (= „Anwälte“ des jeweiligen Bundeslandes) ein. Im obigen dritten Beispiel, in dem jemand einem Künstler mit dem Gabelstapler über den Fuß fährt, hat sich der Fahrer auch wegen Körperverletzung strafbar gemacht, wenn er fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat.

Im Regelfall haftet der Handelnde nur bei Verschulden. Nur in Ausnahmefällen kommt es gar nicht darauf an, ob jemand schuldhaft gehandelt hat – er muss sowieso bezahlen. Dies ist bspw. bei der Garantie der Fall.

Ansonsten wird aber ein Verschulden vorausgesetzt, d.h. der Haftende muss entweder fahrlässig oder schuldhaft gehandelt haben. Fahrlässig handelt dabei derjenige, der die objektiv erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Einfacher kann man sich als grobe Faustformel merken: Wenn der Schaden vorhersehbar und vermeidbar war, hat man auch (mindestens) fahrlässig gehandelt.

Vorsätzlich dagegen handelt derjenige, der wissentlich bzw. willentlich handelt. Vorsätzlich handelt aber auch schon derjenige, der sich sagt: „Das wird schon gut gehen“. Bedenken Sie: Wie oft hat man sich dieses Sätzchen schon gesagt – wäre dann etwas passiert, hätte man vorsätzlich gehandelt!

Hilfe durch Vertrag bzw. Allgemeine Geschäftsbedingungen?

Selbstverständlich kann ein sauber und korrekt formulierter Vertrag bei späteren Streitigkeiten helfen. Oftmals kommt es überhaupt zu Problemen, da schon die vertragliche Konstellation unklar ist oder da der Vertrag lückenhaft, fehlerhaft oder missverständlich ist. Der Veranstalter kann also in den Verträgen mit seinen Zulieferern und Künstlern klären, wer wofür haftet. In gewissen Grenzen kann er auch im Besuchervertrag Regelungen dazu treffen (zumeist durch ausgehängte AGB). Hierauf gehen wir im nächsten Heft ein.