Wenn es um die Frage der Anwendbarkeit geht, gibt es oft Fehler im Verständnis der Versammlungsstättenverordnung. Wir erklären das am Beispiel der Musterverordnung:

Wie in vielen Regelwerken auch, findet sich vorne etwas zur Anwendbarkeit, in der MVStättV sind das die § 1 und § 2.

Es macht dabei Sinn, mit § 2 anzufangen: Ist die Location überhaupt eine „Versammlungsstätte“?

Bejaht man diese erste Frage, geht es weiter zu § 1: Ist für die Versammlungsstätte dann auch die Verordnung anzuwenden?

Versammlungsstätte ja/nein?

Aus § 2 MVStättV ergibt sich, wann eine Location eine Versammlungsstätte ist:

Versammlungsstätten gemäß § 2 Absatz 1 sind:

  • bauliche Anlagen oder Teile baulicher Anlagen,
    • die für die gleichzeitige Anwesenheit vieler Menschen,
    • die bei Veranstaltungen, insbesondere erzieherischer, wirtschaftlicher, geselliger, kultureller, künstlerischer, politischer, sportlicher oder unterhaltender Art,

bestimmt sind, sowie

  • Schank- und Speisewirtschaften.

Das bedeutet, dass es „zwei“ Versammlungsstätten gibt:

  1. Locations für Veranstaltungen mit insbesondere erzieherischer, wirtschaftlicher, geselliger, kultureller, künstlerischer, politischer, sportlicher oder unterhaltender Art,
  2. Schank- und Speisewirtschaften.

Die erste Variante muss dabei mehrere Voraussetzungen parallel erfüllen:

  • Bauliche Anlagen oder Teile baulicher Anlagen,
  • die für die gleichzeitige Anwesenheit vieler Menschen
  • bei Veranstaltungen, insbesondere erzieherischer, wirtschaftlicher, geselliger, kultureller, künstlerischer, politischer, sportlicher oder unterhaltender Art,
  • bestimmt

Fehlt es auch nur an einer der Voraussetzungen, ist die Location keine Versammlungsstätte. Hat man aber alle vier Voraussetzungen geprüft und bejaht, hat man ein erstes Zwischenergebnis: Die Location ist eine Versammlungsstätte im Sinne der Verordnung.

Anwendbarkeit der Verordnung ja/nein?

Nun geht es in den § 1. Dort finden sich in § 1 Absatz 1 drei mögliche Arten von Versammlungsstätten:

  1. Versammlungsstätten mit Versammlungsräumen (siehe § 2 Absatz 3)
  2. Versammlungsstätten im Freien
  3. Sportstadien

Hier geht es also um die „Größe“ der Versammlungsstätte, insbesondere wie viele Besucher in die Versammlungsstätte passen. In § 1 Absatz 2 findet sich eine Berechnungsformel dafür.

Ausnahmen

In § 1 Absatz 3 MVStättV finden sich vier mögliche Locationarten, für die aber die Verordnung nicht anwendbar ist:

  1. Räume, die dem Gottesdienst gewidmet sind,
  2. Unterrichtsräume in allgemein- und berufsbildenden Schulen,
  3. Ausstellungsräume in Museen,
  4. Fliegende Bauten.

Allerdings kann auch ein Ausstellungsraum eines Museums (Nr. 3) eine Versammlungsstätte sein. Nämlich dann, wenn dort bspw. Lesungen oder Konzerte stattfinden. Sobald also die hinter der Ausnahmevorschrift stehende Zweckbindung wegfällt (sei es auch nur vorübergehend), dann kann ein Ausstellungsraum in einem Museum eine Versammlungsstätte im Sinne der MVStättV sein, für den die MVStättV anzuwenden ist (zumindest temporär, aber nicht im „normalen“ Museumsbetrieb).

Fazit

Die Frage der Anwendbarkeit der MVStättV bzw. der jeweiligen Landesverordnung ist nicht immer leicht – aber von großer Bedeutung für die Beteiligten, zumindest für den potentiellen Betreiber der Versammlungsstätte:

  • Ist nämlich die Verordnung für seine Location anzuwenden, treffen ihn erhebliche Pflichten in Bezug auf die Sicherheit des Betriebs.
  • Ist die Verordnung hingehen nicht anwendbar, dann
    • wäre es “unnötig”, wenn der Eigentümer den Pflichten nachgeht, da er sich im Falle eines Fehlers möglicherweise völlig unnötig in die Haftung hineingedrängt hat;
    • muss der Eigentümer aber zumindest das “normale” Baurecht beachten (aber eben nicht mehr das “Sonderbaurecht” der MVStättV).

Unsere Kanzlei berät Sie gerne, wenn es um die Frage der Anwendbarkeit geht.

Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)

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