Einige solcher Fälle, in denen es um Ladenmiete von geschlossenen Einzelhandelsgeschäften geht, sind bereits vor Gericht gelandet. Soweit ersichtlich, haben die Gerichte dabei mehr oder weniger einheitlich zu Gunsten des Vermieters entschieden:
- Nur, weil es zu einer angeordneten Schließung komme, liege ein Mangel der Mietsache nicht vor.
- Es sei allein Risiko des Mieters, einen gemieteten Raum vorübergehend mal nicht nutzen zu können. Allein Höhere Gewalt habe das Mietverhältnis nicht unmöglich gemacht.
- Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage liege nicht vor, da es einem Mieter in einem langzeitigen Mietverhältnis angesichts der Risikoverteilung nicht unzumutbar sei, die Miete zu bezahlen.
Das Oberlandesgericht Dresden geht nun einen anderen Weg – erfreulich für alle Mieter, weniger erfreulich für die Vermieter.
Wie hat das OLG entschieden?
Das OLG Dresden hat nun entschieden, dass die staatliche Schließungsanordnung durchaus eine Störung der Geschäftsgrundlage sei. Dadurch müsse es auch zu einer Anpassung des Mietvertrages kommen – und zwar für die Dauer der angeordneten Schließung. Eine Reduzierung der Miete um 50 % sei hier gerechtfertigt, so das OLG, da keine der Vertragsparteien diese Störung verschuldet oder vorhergesehen habe. Es sei daher angemessen, die damit verbundenen Risiken gleichmäßig auf Mieter und Vermieter aufzuteilen.
Bereits seit März 2020 tobt ein Streit in der Rechtswissenschaft, ob bzw. wann in der Pandemie Höhere Gewalt vorliegt oder ein Wegfall der Geschäftsgrundlage. Sehr umstritten ist dabei die Frage, wie die Risikoverteilung vorzunehmen ist. Zwischen 0 und 100 % werden hier alle Varianten diskutiert. Und tatsächlich gibt es auch viele Rechtsmeinungen, die zu einer hälftigen Teilung des Risikos tendieren – und damit zu einer Halbierung der vereinbarten Zahlungsansprüche.
Es bleibt nun abzuwarten, ob sich auch andere Gerichte dieser Meinung anschließen. Und vor allem, ob und wie sich diese Entscheidung auf die Veranstaltungsbranche auswirkt, bei der Räumlichkeiten für Veranstaltungen meist nur für wenige Tage angemietet werden.
Hintergrundinfo
Die Pandemie wirkt sich nicht automatisch als „Höhere Gewalt“ auf alle Verträge und alle vertraglich geschuldeten Leistungen aus. Hierbei ist genau zu differenzieren, welche Leistungen im Vertrag tatsächlich unmöglich geworden sind, und welche nicht. Scheidet die Höhere Gewalt aus, kann aber ein Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht kommen. Hierbei kommt es u.a. darauf an, ob die Fortsetzung des Vertrages zu den bisherigen Bedingungen angesichts der Risikoverteilung zumutbar ist. Lesen Sie hierzu meinen Beitrag zur gesetzlich fingierten Vermutung der Vertragsstörung.
… in eigener Sache!
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Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Herausgeber & Autor des Themenportals www.eventfaq.de