Insolvenz aufgrund Pandemie: Neue Maßnahmen ab 01.01.

Der Bundestag hat eine Reihe von weiteren Maßnahmen beschlossen, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie für Unternehmen abzumildern. Die Maßnahmen sind am 01.01.2021 in Kraft getreten. Diese Maßnahmen sind für solche Unternehmen von Bedeutung, die wirtschaftlich in einer Krise stecken oder in eine Krise geraten.

Die wichtigsten Maßnahmen im Überblick:

1. Insolvenzantragspflicht

Zwischen dem 01.03. und 30.09.2020 war die Pflicht zur Stellung eines Antrages auf Insolvenz für alle Unternehmen ausgesetzt.

Die Aussetzung gilt seit dem 01.10.2020 nur noch für überschuldete Unternehmen. D.h. bereits zahlungsunfähige Unternehmen mussten ab 01.10.2020 innerhalb von längstens 3 Wochen einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen.

Nun gibt es eine neue Maßnahme bis zum 31.01.2021: Auch wenn eigentlich ein Insolvenzantrag gestellt werden müsste, muss der Geschäftsführer dann keinen Antrag stellen, wenn:

  • er zwischen dem 01.11.2020 und 31.12.2020 einen Antrag auf die staatlichen November- und Dezemberhilfen gestellt hat oder
  • er dazu berechtigt gewesen wäre, den Antrag aber aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen noch nicht gestellt hat.

Wie bisher auch, muss aber die Insolvenz auf der Pandemie beruhen und es muss eine hinreichende Aussicht auf Beseitigung des Insolvenzgrundes bestehen.

2. Insolvenzantragsfrist bei Überschuldung geändert

Auch gibt es neue Fristen für die Stellung des Antrages auf Insolvenz:

  • Ist das Unternehmen zahlungsunfähig, bleibt es bei den 3 Wochen.
  • Ist das Unternehmen aber „nur“ überschuldet, wird die bisher auch bei 3 Wochen liegende Frist auf 6 Wochen verlängert.

3. Neue Prognosezeiträume

Der Geschäftsführer eines Unternehmens in der Krise kann einen Insolvenzantrag verhindern. Und zwar dann, wenn er nachweisen kann, dass eine Prognose anhand eines Finanzplans ergibt, dass die Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit über 50 % wahrscheinlicher ist als deren Eintritt.

Der Zeitraum dieser Prognose ist umstritten und liegt zwischen mehreren Monaten und mehreren Jahren. Zumeist wird eine Zeitspanne bis zum Ende des übernächsten Geschäftsjahrs angenommen.

Für 2021 gilt nun ein Prognosezeitraum von nur noch 4 Monaten. Der Geschäftsführer muss nur noch nachweisen, dass das Unternehmen seine Verbindlichkeiten in den nächsten 4 Monaten wird begleichen können.

Ab 2022 gilt dann ein Zeitraum von einem Jahr.

Der Prognosezeitraum für die drohende Zahlungsunfähigkeit beträgt 24 Monate.

4. Neu: Restrukturierungsplan

Die neuen Maßnahmen bieten eine neue Möglichkeit zwischen der bisher möglichen außergerichtlichen Sanierung einerseits und einem Insolvenzverfahren andererseits.

Neu ist der sog. Restrukturierungsplan. Damit hat das Unternehmen die Möglichkeit, konkrete Sanierungsmaßnahmen auch außerhalb einer Insolvenz gegen den Willen einzelner Gläubiger umzusetzen.

a) Drohende Zahlungsunfähigkeit ist notwendig

Das ist aber nur für Unternehmen erlaubt, bei denen Zahlungsunfähigkeit droht. „Drohend“ ist die Zahlungsunfähigkeit dann, wenn das Unternehmen voraussichtlich innerhalb der kommenden 2 Jahre zahlungsunfähig werden wird.

b) Zeitdruck

Das Problem bisher: Wollte ein Unternehmen versuchen, sich selbst zu sanieren, bestand ein immenser Zeitdruck. Denn spätestens nach 3 Wochen musste der Antrag auf Insolvenzeröffnung gestellt werden. Und innerhalb dieser 3 Wochen mussten alle Gläubiger davon überzeugt werden, der außergerichtlichen Sanierung zuzustimmen.

c) Nur 75 % Zustimmung  erforderlich

Dieses Erfordernis der Einstimmigkeit wird nun gelockert: Die Restrukturierung ist künftig auch dann möglich, wenn nur 75 % der Gläubiger pro jeweiliger Gruppe, die nach Forderungshöhen bestimmt werden, zustimmen.

Das heißt: Das krisengeschüttelte Unternehmen kann künftig eine außergerichtliche Sanierung auch gegen den Willen einzelner Gläubiger durchführen und muss nicht direkt ein Insolvenzverfahren angehen.

Das Unternehmen, das eine Restrukturierung versuchen möchte, muss sich beeilen. Es muss zunächst geprüft werden, ob in voraussichtlich weniger als ein Jahr die Zahlungsunfähigkeit eintreten könnte. Dann nämlich ist die Fortbestehensprognose negativ und die Restrukturierung kann nicht durchgeführt werden.

d) Frühwarnsystem notwendig!

Die Geschäftsführung muss die Liquiditätsentwicklung des Unternehmens stets beobachten und für mindestens 24 Monate planen. Unterlässt das die Geschäftsführung, droht der Verlust der Möglichkeit der Restrukturierung. Das kann wiederum zu einer Haftungsfalle für den Geschäftsführer werden!

e) Restrukturierungsplan

Ausarbeitung und Verhandlung des Restrukturierungsplans mit den Gläubigern kann das Unternehmen selbst vornehmen.

f) Restrukturierungsbeauftragter

Außerdem kann ein sog. Restrukturierungsbeauftragter bestellt werden. Entweder auf Antrag des Unternehmens oder von mindestens 25% der Gläubiger einer Gruppe. Diese müssen aber auch zur Übernahme der Kosten bereit sein. In manchen gesetzlich geregelten Fällen ist die Bestellung hingegen zwingend.

g) Hilfreich: Sanierungsmoderator

Ganz allgemein kann ein Unternehmen in der Krise einen vom Gericht bestellten Sanierungsmoderator beanspruchen. Dieser kann bei den Planungen und der Umsetzung von Sanierungslösungen behilflich sein.

Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Herausgeber & Autor des Themenportals www.eventfaq.de

 

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