Der wegen Mordes rechtskräftig verurteilte so genannte „Kannibale von Rotenburg“ begehrte mit einer Klage die Unterlassung der Veröffentlichung des Horrorfilms „Rohtenburg“, weil er hierin eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts sah. Das US-Unternehmen, das den als „Real-Horrorfilm“ beworbenen Spielfilm produziert hat, beruft sich auf die Kunstfreiheit.
Der Bundesgerichtshof hat die Klage abgewiesen.
Der Kläger wird in dem Film nicht namentlich genannt, trotzdem ist er aufgrund einer Vielzahl von Übereinstimmungen in Person, Lebensverhältnissen und der Tat zweifelsfrei zu erkennen und deshalb durch die Vorführung und Verbreitung des Films in seinem Persönlichkeitsrecht betroffen. Der Spielfilm beschränkt sich hauptsächlich auf die zutreffende Schilderung der Lebensumstände des Klägers und seiner grausigen Straftat. Dabei ruft der Film das Fehlverhalten des Klägers auf besonders eindringliche, durchaus schockierende Weise erneut in Erinnerung, was eine schwere Stigmatisierung des Klägers zur Folge haben kann und seine im Film dargestellte Persönlichkeit auf die Tat und ihre Entwicklung verkürzt Deshalb kann der Film den Kläger sowohl durch seinen Inhalt als auch durch seine konkrete Ausgestaltung erheblich belasten.
Allerdings habe der Kläger keinen Anspruch darauf, dass über seine Tat geschwiegen wird. „Wer den Rechtsfrieden bricht, durch seine Tat und ihre Folgen Mitmenschen oder Rechtsgüter der Gemeinschaft angreift oder verletzt, muss sich nicht nur den hierfür in der Rechtsordnung verhängten strafrechtlichen Sanktionen beugen“. Er muss grundsätzlich auch dulden, dass „das von ihm selbst durch seine Tat erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit in einer nach dem Prinzip freier Kommunikation lebenden Gemeinschaft auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird“.
Außerdem hatte der Kläger selbst der Öffentlichkeit sämtliche Tat- und Lebensumstände, mithin auch sein auf die Tat verkürztes Persönlichkeitsbild bekannt gemacht, indem er durch ein Interview, die Veröffentlichung eines Buches und eines (anderen) Films bereits zuvor detailliert seine Sicht von Tat und Tatumständen geschildert hatte. Hierdurch verliert der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers durch den Film der Beklagten erheblich an Bedeutung.
Der Kläger sei deshalb durch den Film nicht so schwer in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt, dass die zu Gunsten der Beklagten streitende Kunst- und Filmfreiheit zurücktreten müsste.
(BGH, Urteil vom 26. 5. 2009 – VI ZR 191/08)
Fazit:
Der BGH hat in diesem Fall also der Kunstfreiheit Vorrang gegenüber dem Persönlichkeitsrecht eingeräumt. Die Besonderheiten des ohnehin bereits „populären“ Falles lassen aber eine generelle Verallgemeinerung nicht zu.
Udo Maurer
– Ass. Jur. –